Vor kurzem war ich bei einem guten Freund zum Essen eingeladen. Er ist Banker und hatte, glaube ich, noch nie zuvor einen Kochlöffel in der Hand.
Für einen Koch ist es sehr spannend, mal die andere Seite zu sehen. Wie andere mit ihren Problemen in der Küche umgehen und natürlich auch, wie das Ganze auf dem Teller aussieht. Vor allem aber, wie es schmeckt.
Als ich bei meinem Freund zu Hause ankam, roch es schon lecker und ich konnte es kaum erwarten, bis wir anfangen konnten zu essen. Nach den ersten zwei Gängen, einer Suppe und einem Salat, kamen wir zum Hauptgang. Der sah, wie ich gestehen muss, einfach super aus. Doch auch auf dem Teller spielt nicht nur das Aussehen eine Rolle, sondern das Wichtigste ist und bleibt der Geschmack.
Das Fleisch, die Beilagen und das Gemüse waren echt lecker zubereitet, doch die Jus, umgangssprachlich meist Bratensauce genannt, hat mir persönlich gar nicht geschmeckt. Ich fand sie zu dick und der Geschmack ließ zu wünschen übrig. Mir war nur noch nicht klar, warum. Ich sprach meinen Freund drauf an und er gestand mir, dass er einfach nicht wisse, wie eine Sauce hergestellt wird. Deshalb habe er sich ein Fertigprodukt von einem der bekannten Tütensuppen- und – Soßenhersteller gekauft das seit kurzem auf dem Markt ist.
Er zeigte mir so ein Töpfchen und ich staunte nicht schlecht, wie gut diese Jus aussah. Der Glanz und die Konsistenz stimmten absolut. Ich nahm eine Pfanne, verflüssigte diese Fertigsauce und dann kam das böse Erwachen. Die Jus löste sich nicht richtig auf und es bildeten sich Klumpen, egal ob man nun versuchte, sie kalt oder warm aufzulösen. Das bedeutet, dass diese Sauce von diesem besagten Tütensuppen- und -Soßenhersteller zu festgebunden worden war. Doch das Schlimmste war für mich der Geschmack. Ich kann ihn nicht beschreiben, lecker war es auf jeden Fall überhaupt nicht.
Das brachte meinen Freund auf eine Idee: „Mensch, Marcel, mach doch mal für deine Kunden eine Anleitung zur Herstellung einer guten Fleischsauce.“ Ich überlegte kurz, dann nickte ich und schmunzelte.
In den Zeiten, wo ich von Gourmetrestaurant zu Gourmetrestaurant zog, hatte ich das Rezept meiner Jus immer mehr verfeinert. Auch wenn ich essen gehe, probiere ich meistens zuallererst die Sauce. Ich finde, es gibt nix Schlimmeres, als wenn alles auf dem Teller lecker ist ausser der Sauce. Und eine Sauce wird ja eigentlich zu fast jedem Gericht gereicht, ob in Form einer Salsa oder eben einer Jus.
Aber kommen wir nun zum Kalbsjus-Rezept, bei dem ich die Herstellung, bis die Jus fix und fertig ist, in 3 Schritte unterteile.
Zutaten:
- 600 g Brustbein-Knochen vom Kalb
- 400 g Kalbsfüße
- 600 g Kalbsschwanz
- 600 g Markknochen
- 1 kleine Sellerieknolle
- 10 Karotten
- 10 schwarze Pfefferkörner
- 5 Rote Zwiebeln
- 5 Knoblauchzehen
- 300 g Tomatenmark (dreifach konzentriert)
- 3 Lorbeerblätter
- 3 Zweige Rosmarin
- 100 ml dunkler Balsamico-Essig (18-jährig)
- 10 ml Cassis (Likör aus schwarzen Johannisbeeren)
- 750 ml Rotwein (nehmen Sie einen kräftigen, guten Wein mit hohem
- Alkoholgehalt, z. B. einen Barolo oder einen Portugiesen wie den Niepoort Douro DOC 2010)
- 750 ml Kalbs- oder Rinderfond (Man kann aber auch mit Wasser auffüllen)
- Salz
Vorbereitung:
- Karotten waschen, schälen und in nussgroße Würfel schneiden.
- Sellerieknolle waschen und schälen, ebenfalls in nussgroße Würfel schneiden.
- Lauch waschen, putzen, in halbe Ringe schneiden.
- Rote Zwiebeln schälen, waschen und in nussgroße Würfel schneiden.
- Knoblauch schälen, die Zehen halbieren und den grünen Strunk entfernen.
- (Nussgross bedeutet normalerweise walnussgross)
Zubereitung:
- Verteile jeweils die Hälfte der Knochen, Kalbsfüsse und Kalbsschwanz, auf ein Blech.
- Auf ein weiteres Blech kommen die Karotten, Sellerie und die roten Zwiebeln.
- Jetzt Knochen und Gemüse bei 220° C Umluft 40 Minuten Backofen goldbraun rösten.
- Knochen aus dem Ofen nehmen und in einen grossen Topf umfüllen.
- Gib etwas Wasser (dieses benötigst du später zum Angiessen der Jus) auf das Blech, bis es leicht bedeckt ist, um die Farb- und Röststoffe zu lösen, die sich beim Rösten der Knochen gebildet haben.
- Jetzt kommt das Tomatenmark in den Topf.
- Brate es mit den Knochen, Karotten, Sellerieknolle und den Zwiebeln weiter an, bis es eine goldbraune Farbe angenommen hat.
- Dadurch bekommt das Tomatenmark eine leichte Süsse und es entwickeln sich Farb- und Geschmacksstoffe, die der Jus später, Farbe und Geschmack verleihen.
- Mit Rotwein ablöschen.
- Gib nur so viel Wein in den Topf, dass sich der Ansatz am Topfboden löst, ca. 150 ml. Lass dann den Wein komplett einkochen und lösche erneut ab.
- Diesen Vorgang wiederholst du weitere vier Mal. Durch mehrmaliges Reduzieren (Einkochen) bekommt die Jus eine schöne dunkelbraune Farbe.
- Fülle jetzt den Topf mit so viel Kalbs- oder Rinderfond auf, dass die Knochen gut bedeckt sind.
- Außerdem kommt jetzt noch die Flüssigkeit mit den gelösten Bratrückständen von den Backblechen dazu.
- Kalbsjus aufkochen lassen und der sich an der Oberfläche bildende Schaum abschöpfen. Diesen Vorgang so lange wiederholen, bis sich kein Schaum mehr bildet.
- Gib den Knoblauch, die Pfefferkörner und die Lorbeerblätter hinzu und lass die Kalbsjus vier Stunden leise kochen.
- Röststoffe die sich am Topfrand durch das Reduzieren festsetzen regelmässig runterputzen
- (Löst diese Stoffe, die für den Geschmack ebenfalls sehr wichtig sind).
- Denke daran – eine Jus sollte nie sprudelnd kochen, weil dadurch sehr viel Geschmack verloren geht.
- Etwa drei Stunden später gibst du den Rosmarin und den Lauch zur Jus und lässt es eine weitere Stunde köcheln.
- Danach kannst du die Jus durch ein Haarsieb in einen anderen Topf passieren.
- Dann kochst du das Ganze noch einmal um rund die Hälfte ein.
- Durch das Einkochen wird der Eigengeschmack der Jus weiter verstärkt und es bildet sich ein intensiver Fleischgeschmack.
- Erst kurz vor Ende des Einkoch-Vorgangs gibst du nun den Cassis Likör und den dunklen Balsamico-Essig zur Jus, denn das sollte nicht die ganze Zeit mitkochen.
- Und salze bitte auch erst am Ende, denn es könnte sonst durch das Reduzieren versalzen.
- Anschliessen Kalbsjus abkühlen lassen.
- Sobald die Jus durchgekühlt ist, in der Regel nach 24 Stunden, hat sich das Fett oben abgesetzt und kann problemlos mit einer Schaumkelle abgeschöpft werden.
- Wenn du möchtest, kannst du die Kalbsjus auf dem Ofen wieder leicht verflüssigen, in Eiswürfelbehälter abfüllen und kaltstellen, bis diese wieder angezogen hat. Danach kannst du einen Teil auf Vorrat in den Tiefkühler geben und fertig.
- Die Jus ist eine Grundsauce in der Küche, die vielfältig eingesetzt werden kann, zum Beispiel als Ansatz für einen Rinderbraten.
- Oder als gebundene Sauce, auch Demi Glace genannt.
- Man kann eine Jus auch auf viele verschiedene Arten verfeinern, mit Trüffeln, Portwein oder frischem Rosmarin oder Thymian…
- Der Fantasie sind da mal wieder keine Grenzen gesetzt.
Mein Tipps zum Kalbsjus Rezept
Wenn du eine Trüffeljus zaubern möchtest, gib das Trüffelöl nicht direkt in die Jus, sondern erst dann mit auf den Teller, nachdem du die Jus über das Gericht gegeben hast. Trüffelöl verträgt maximal 30°C. Wenn man es höher erhitzt, verliert es viel vom Geschmack. Wäre doch schade…
Mein absoluter Favorit ist es jedoch, die Kalbsjus mit Portwein zu verfeinern. Selten habe ich so ein Geschmackserlebnis gehabt, das so wunderbar und harmonisch zu Fleisch passt.
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